6. Forum Familie und Vermögen
Am 10. und 11. Mai veranstaltete die Österreichische Gesellschaft für Familien- und Vermögensrecht zum 6. Mal das Forum Familie und Vermögen. Im Schlosspark Mauerbach wurden sechs Vorträge von führenden Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis gehalten. Die Themenschwerpunkte waren Praxisfragen des Erbrechts (am ersten Tag) und die neue Flexible Kapitalgesellschaft mit besonderem Blick auf Familienunternehmen.
Am ersten Tag trug Notar Mag. Alexander Winkler über Verständigungs-, Beratungs- und Belehrungspflichten im Verlassenschaftsverfahren vor. Der Vortragende erörterte unter anderem die Rolle des Rechtspflegers, der große Routine habe, da er den Großteil der Verfahren abwickle, und die die Rolle des Notars als Gerichtskommissär. Ebenso Thema war beispielsweise die Tatsache, dass das AußerStrG große Unterschiede macht bezüglich vertretenen und unvertretenen Parteien; in letzterem Fall gibt es umfangreiche Aufklärungs- und Informationspflichten.
Es folgte Hon.-Prof. RA Dr. Elisabeth Scheuba, die sich den häufigsten Fehlern bei der Testamentserrichtung widmete; hierbei wurde der Fokus auf Formmängel gelegt, da diese in der Praxis schwerwiegende Folgen bedeuten: Die Form muss erfüllt sein, es gibt hier keinen favor testamenti und der Wille des Verstorbenen kann einen Formmangel nicht heilen. Weiters besprochen wurden beispielsweise die nuncupatio und die Zeugenfähigkeit. Zum Abschluss ein wichtiger Praxistipp: Selbst wenn sich jemand mit der gesetzlichen Erbfolge zufrieden geben möchte, sollte dennoch eine Rechtswahl nach der EuErbVO getroffen werden, um bei einer späteren Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts in einen anderen Staat vor einem unbeabsichtigten Wechsel in die neue Jurisdiktion geschützt zu sein.
Den Abschluss des ersten Tages bildete der Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Friedrich Fraberger, LL.M. (International Tax Law), Licensed Tax Lawyer (Steuerbrater, AT), TEP, in dem es um steuerrechtliche Fragen im Verlassenschaftsverfahren ging. Bevor sich der Testator steuerrechtlichen Fragen widmet, solle er sich zuerst überlegen, was er selbst möchte bzw was seinen Gerechtigkeitsvorstellungen entspricht; dies könne dann durch das Steuerrecht optimiert werden. Nicht empfehlenswert sei die umgekehrte Reihenfolge. Auch brächten Schenkungen zu Lebzeiten im Vergleich zu Verfügungen mortis causa gewisse Vorteile, wie zum Beispiel die größeren Gestaltungsmöglichkeiten und, dass der Zeitpunkt selbst bestimmt werden kann.
Der zweite Tag des Forums begann mit einem Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Alexander Schopper von der Universität Innsbruck, der die Grundfragen der Flexiblen Kapitalgesellschaft behandelte. Zu Beginn wurde die Genese der neuen Kapitalgesellschaftsform und des FlexKapGG erläutert, vom Regierungsprogramm 2020 bis zum Inkrafttreten mit 1. Jänner 2024. Die FlexCo (wie sie auch genannt werden kann) baue auf der GmbH auf, dann gebe es jedoch eine „Abzweigung“ in einerseits aktienrechtspezifische Regelungen und andererseits solche, die speziell für die FlexKapG bestehen, somit weder auf der GmbH noch auf der AktG aufbauen. Außerdem wurden zahlreiche weitere Grundfragen dieser Gesellschaftsform behandelt.
Anschließend widmete sich Univ.-Prof. Dr. Martin Schauer den Unternehmenswert-Anteilen der FlexKapG, die in den §§ 9–11 FlexKapGG geregelt sind. Während in der GmbH “nur“ eine Kategorie, nämlich der Geschäftsanteil, existiere, komme in der FlexKapG der (fakultative) Unternehmenswert-Anteil hinzu. Dieser vermittle eine echte, also nicht nur schuldrechtliche, Beteiligung und daher mehr Rechte als die Beteiligung als stiller Gesellschafter. Außerdem wurde unter anderem über die Anteilspublizität, den Erwerb, die vermögensrechtliche Stellung und die Übertragung vorgetragen.
Im letzten Vortrag des Forums sprach RA Dr. Keyvan Rastegar, LL.M. (Harvard) über Kapitalaufbringung, Kapitalerhaltung und flexible Finanzierung bei der Flexiblen Kapitalgesellschaft. So wurde unter anderem über das herabgesetzte Mindestkapital auf 10 000 Euro für sowohl die GmbH als auch die FlexCo und die herabgesetzte Mindesteinlage und Mindestbeteiligungsquote vorgetragen. Außerdem wurden die neuen Formen der flexiblen Finanzierung bei der FlexCo behandelt, die zum Teil aus dem Aktienrecht übernommen wurden, wie zum Beispiel der Erwerb eigener Anteile und das bedingte und genehmigte Kapital.
Alle Vorträge stießen auf großes Interesse und gaben Anlass zu umfangreichen weiterführenden Diskussionen.