Symposium Gemeinnützigkeitsrecht
Kern des neuen Gemeinnützigkeitsrechts ist das Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz 2015, welches eine Reform des in die Jahre gekommenen Rechts der gemeinnützigen Stiftung bringt. Der thematischen Ausrichtung der ogfv entsprechend waren die Themen der einzelnen Referate breit gefächert. Den Anfang machte Dr. Günther Lutschinger, Chef des Fundraisingverbands Österreich, der die Erwartungen des dritten Sektors an das neue Gemeinnützigkeitsgesetz formulierte. Ihm folgte Rechtsanwalt Dr. Martin Melzer, der sich mit den Grundbegriffen der neuen Stiftung und schwerpunktmäßig mit dem Gründungsverfahren auseinandersetze. Er konstatiert der neuen Stiftung höhere Flexibilität (zB durch die Möglichkeit von Änderung und Widerruf der Stiftungserklärung) sowie eine kostengünstigere Gründung.
Herr Staatssekretär Dr. Harald Mahrer gab anschließend einen Einblick in die Entstehungsgeschichte des Gesetzes und bekundete ferner den Willen weiterer politischer Reformschritte im Bereich der
Gemeinnützigkeit. Herr Univ.-Prof. Dr. Martin Schauer widmete sich der Organisation und der Governance der Stiftung. Dabei zeigte er auf, dass das Zusammenspiel der Organe im Gesetz nicht immer klar geregelt ist und der Rechtsanwender bei der Auslegung des Gesetzes gefragt sein wird, um eine effektive interne Governance der Stiftung sicherzustellen. Nichtsdestoweniger erfährt die Organisation der Stiftung im Vergleich mit dem bisherigen Recht eine deutlich eingehendere Regelung.
Frau Univ.-Prof.in Dr.in Astrid Deixler-Hübner widmete sich in ihrem Vortrag den erb- und familienrechtlichen Reflexwirkungen des neuen Gesetzes. Dabei befasste sie sich eingehend mit der Berücksichtigung des Stiftungsvermögens in der nachehelichen Aufteilung über pflichtteilsrechtliche Aspekte und zeigte auf, dass insoweit Parallelen zur entsprechenden Rechtslage bei der Privatstiftung bestehen. Ein weiteres Thema in ihrem Vortrag war die Exequierbarkeit von Stifterrechten.
Herr Univ.-Prof. Dr. Christoph Grabenwarter beleuchtete die Rolle der Stiftungsaufsichtsbehörde. Nach einem Binnenrechtsvergleich zwischen der gemeinnützigen Stiftung, dem Idealverein und der Privatstiftung befasste er sich mit den einzelnen Kompetenzen der Aufsichtsbehörde. Insgesamt sieht Grabenwarter einen klaren Schritt weg von laufender behördlicher Aufsicht hin zur internen Governance. Dieser Befund wurde auch im nachfolgenden Referat von Rechtsanwalt Dr. Peter Csoklich geteilt. Er widmete sich der Rolle des Gerichts bei Stiftungsstreitigkeiten. Während sich das Gesetz mit den Kompetenzen des Gerichts überhaupt nicht befasst, konnte Csoklich darlegen, dass es eine Vielzahl an möglichen Rechtsstreitigkeiten gibt, die in die Zuständigkeit der Gerichte fallen, wie etwa Fragen der Anfechtung oder Widerruflichkeit der Stiftungserklärung und Streitigkeiten der Stiftungsorgane untereinander.
Der Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Nikolaus Arnold rundete die zivilrechtlichen Vorträge mit einem instruktiven Vergleich zwischen der neuen gemeinnützigen Stiftung und der Privatstiftung ab.
Den letzten Vortrag des Tages hielt MMag. Michael Petritz, der dem Publikum die steuerlichen Aspekte des neuen Gemeinnützigkeitsrechts näher brachte. Er behandelte alle relevanten steuerrechtlichen Fragestellungen, von den zulässigen Zwecken einer gemeinnützigen Stiftung über die Stiftungseingangsbesteuerung bis hin zur Spendenbegünstigung.
Der einhellige Tenor der Tagung war positiv. Die Erweiterung des Angebots an Rechtsformen für philanthropisches Wirken wurde begrüßt. Einig waren sich die Vortragenden aber auch darin, dass das Gesetz den Rechtsanwender an einigen Stellen vor durchaus herausfordernde Aufgaben stellt.
Es bleibt abzuwarten, ob das neue Gesetz die erhofften Impulse geben kann, aber auch hier zeigte man sich durchwegs optimistisch. Die Veranstaltung wurde von der Capital Bank unterstützt, die als Gastgeberin fungierte und der Veranstaltung durch Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten im Palais Esterházy einen würdigen Rahmen verlieh.